Pirnaer werden 100fach mobil
20 Pirnaer Haushalte starten Mobilitätsexperiment
Am Montag, den 19. August, fand im Mehrgenerationenhaus FAMIL in Copitz das Auftakttreffen des Projekts „100fach mobil“ statt. Zahlreiche Teilnehmer kamen bei sommerlichen Temperaturen zusammen, um über umweltfreundliche Mobilität und die Herausforderungen der Verkehrswende in Pirna zu sprechen. Organisiert wurde das Treffen vom Landesverband Nachhaltiges Sachsen e.V. in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung.
Mit dabei war auch Mobilitätsmanager Rico Manns, der nicht nur beruflich, sondern auch privat auf umweltfreundliche Mobilität setzt. Durch das Projekt möchte er seine Erfahrungen mit einer autofreien Mobilität weitergeben und an nachhaltiger Stadtgestaltung mitwirken. Ähnlich geht es der Naturschützerin Marion Müller, die darüber nachdenkt, das eigene Auto aus Gründen des Umweltschutzes abzugeben. Bei der Auftaktveranstaltung stellte sie die Frage, warum jeder in der Stadt ein eigenes Auto benötigt, und traf damit den Kern des Projekts.
Das Projekt „100fach mobil“ zielt darauf ab, die Mobilität in Pirna ohne eigenes Auto zu fördern und herauszufinden, wie alltagstauglich dieser Wandel für unterschiedliche Haushalte sein kann. Die teilnehmenden Haushalte sollen ein Jahr lang ihr Auto möglichst stehen lassen und auf umweltfreundlichere Verkehrsmittel umsteigen. Als Anreiz erhalten sie einen monatlichen Mobilitätszuschuss in Höhe des Deutschlandtickets. Das Interesse war groß; es gab mehr Anmeldungen als Plätze. Letztlich wurden 20 Haushalte ausgewählt.
Seit Projektbeginn am 1. August dokumentieren die Teilnehmer ihre Mobilität in einem Tagebuch. Sie notieren Wege, die sie früher mit dem Auto zurückgelegt hätten, und welche alternativen Verkehrsmittel sie nun nutzen. Beim Kennenlerntreffen berichteten viele, dass sie nun häufiger das Fahrrad oder den Bus nutzen. So auch Patrick Lehmann, der innerhalb von wenigen Tagen vom Auto auf andere umweltfreundliche Verkehrsmittel umgestiegen ist. Auch die vierköpfige Familie Nebe testet, ob sie langfristig ganz auf das Auto verzichten kann. Viele andere Teilnehmer streben ebenfalls an, das Auto dauerhaft abzuschaffen. Neben Umwelt- und Gesundheitsaspekten spielen auch finanzielle Gründe eine Rolle.
Dass autofreie Mobilität in Pirna machbar ist, zeigen zehn Projekthaushalte, die bereits ohne eigenes Auto auskommen. Die Familie Zschernig beweist mit ihren drei Kindern, dass auch größere Familien auf ein Auto verzichten können. Viele dieser Haushalte haben das Auto aus ökologischen oder finanziellen Gründen abgeschafft. Durch ihre Teilnahme möchten sie andere ermutigen, ebenfalls auf umweltfreundliche Verkehrsmittel umzusteigen. Der Erfahrungsaustausch unter den Teilnehmern ist dabei besonders wertvoll. Schon beim ersten Treffen wurden Tipps für den erfolgreichen Umstieg geteilt.
Allerdings wurden auch Herausforderungen benannt, wie lange Fahrzeiten mit dem Bus und häufige Verspätungen der S-Bahnen. Zudem fehlt es in Pirna an ausreichenden Carsharing-Angeboten. Zwar gibt es zwei Anbieter an mehreren Standorten, doch größere Fahrzeuge wie Kleinbusse sind noch nicht verfügbar, was den Verzicht auf das eigene Auto erschwert. Ein zentrales Thema war auch die Verbesserung der Radinfrastruktur. Familie Nebe aus Graupa hat die Gründung einer Ortsgruppe des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC) vorgeschlagen, um sich auch über das Projekt hinaus für bessere und sicherere Fahrradwege in Pirna einzusetzen. Ein Wunsch war auch die Einführung eines Leihradsystems für Pirna.
Am Ende des Auftakttreffens war klar: Die Motivation, die Verkehrswende in Pirna voranzutreiben, ist groß, ebenso die Bereitschaft, auf autofreie Mobilität umzusteigen. In wenigen Wochen soll das nächste Treffen stattfinden, bei dem konkrete Herausforderungen für eine autofreie Mobilität in der Stadt erörtert werden. Auch die Stadtverwaltung, die dem ersten Treffen aufmerksam folgte, wird erneut eingeladen. Bis dahin gilt für die Teilnehmer: Das Auto stehen lassen, umweltfreundlich mobil bleiben und Ideen für einen umweltfreundlichen und sicheren Verkehrsraum sammeln.
Der Artikel erscheint am 04.09.2024 in der Ausgabe 17/2024 des Pirnaer Anzeigers.
Förderhinweis:
Die Finanzierung des Projekts 100fach mobil erfolgt durch die Initiative Mobilitätskultur von PHINEO.